Leonard Chess

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Leonard Chess (* 12. März 1917 in Motal, Polen als Lejzor Szmuel Czyż,; † 16. Oktober 1969 in Chicago) war ein polnisch-US-amerikanischer Unternehmer. Er war Mitbegründer und Eigentümer des Musiklabels Chess Records, das viele bekannte Blues-Musiker unter Vertrag hatte.

Die jüdische Familie Józef Czyż' aus Polesien migrierte in die USA. Lejzor Czyż und sein Bruder Fiszel Czyż zogen mit ihrer Mutter und ihrer Schwester 1928 via New York zum Familienvater nach Chicago. Die Namen Lejzor Czyż und Fiszel Czyż wurden anglisiert in Leonard Chess und Philip Chess.[1] Nachdem er als Schreiner gearbeitet hatte, erwarb Vater Yasef, jetzt Joe, einen Schrottplatz und plante, seine Söhne dort arbeiten zu lassen. Doch Phil ging mit einem Football-Stipendium an die Western Kentucky University, und Leonard erwarb ein Spirituosengeschäft in einem schwarzen Viertel Chicagos in der Nähe ihres jüdischen Viertels. Als Phil nach drei Semestern aus Kentucky zurückkehrte, half er Leonard in dem Geschäft, bis er 1943 eingezogen wurde.[2]

Leonard kaufte ein Restaurant in der South Side von Chicago, während Phil in der Armee war, und baute es in einen Nachtclub, die Macomba Lounge, um.[3] Er wollte einige der dort auftretenden Künstler, hauptsächlich Jazzgruppen, aufnehmen und kaufte 1947 einen Anteil an Aristocrat Records.[2] Sie steuerten das Chicagoer Unternehmen mit Musikern wie Muddy Waters, Sunnyland Slim und Willie Dixon in Richtung Blues. Das Label ließ 1946 3.000 Exemplare von Muddy Waters Debut-Single „I Can't Be Satisfied“ pressen – obwohl Leonard sagte, er verstehe Waters' Musik nicht. Sie waren innerhalb eines Tages ausverkauft. Die Aufnahme gilt heute als ein frühes Meisterwerk des Chicago-Blues.[2][4]

1950 übernahmen die Brüder das Label ganz und benannten es in Chess Records um.[5] Titel wie My Foolish Heart (Gene Ammons),[6] Rollin’ Stone (Muddy Waters) und That's All Right (Jimmy Rogers) waren Belege für die neue Ausrichtung des Unternehmens. Der vielleicht einflussreichste Künstler, den Chess Records anfangs unter Vertrag hatte, war Little Walter, dessen ausgeprägtes Mundharmonika-Spiel den Blues revolutionierte.[7]

Chess nahm Kontakt mit Sam Phillips von Sun Records auf, um neue Künstler aufzuspüren. Philips rekrutierte Howlin’ Wolf, Bobby Bland, Rufus Thomas und Dr. Isaiah Ross. Es folgten Bo Diddley und Sonny Boy Williamson II. In den 1950er Jahren wuchs der Erfolg des Unternehmens mit Interpreten und Bands wie The Moonglows, The Flamingos, Chuck Berry, Etta James, Fontella Bass, Koko Taylor, Little Milton, Laura Lee und Tommy Tucker.[8][9][10][3][11]

The Rolling Stones, deren Bandname durch das bei Chess Records erschienene Lied Rollin’ Stone von Muddy Waters inspiriert war,[12][13] nahmen im Juni 1964 in Chicago im Chess-Studio auf und versuchten, den Sound ihrer Blues-Helden einzufangen. Hier lernten sie auch ihr Idol Muddy Waters kennen, während er die Studiodecke strich.[14][15] Das Studio trug zur Hälfte der Titel auf der LP 12X5, bei. Einer dieser Songs trug sogar den Titel 2120 South Michigan Avenue, die Adresse des Studios.[16] Im Laufe der Jahre 1964–1965 nahmen die Rolling Stones etwa zwanzig weitere Songs bei Chess Records auf.[9] Bei dieser Gelegenheit lernte Leonards Sohn, Marshall Chess, der in der Versandabteilung von Chess Records arbeitete, Mick Jagger kennen. Nach dem Verkauf von Chess Records im Jahr 1969 gründete Marshall Rolling Stone Records und war sieben Jahre lang dessen Präsident. Er half dabei, das berühmte Zungen- und Lippenlogo der Rolling Stones zu kreieren und war in den 1970er Jahren als ausführender Produzent an 7 Rolling Stone #1-Alben beteiligt.[17][18][19]

Grab von Leonard Chess auf dem Westlawn Cemetery, Norridge, Illinois.

Chess starb im Oktober 1969. 1987 wurde er in die Rock and Roll Hall of Fame (Nonperformers) aufgenommen.[20]

Der Spielfilm Cadillac Records erzählt die Geschichte von Leonard Chess und seiner Plattenfirma Chess Records. Adrien Brody spielte Leonard Chess.[21]

Einzelnachweise

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  1. Alex Greene: Capturing the History of Chess Records. In: Memphis Flyer. 12. März 2024, abgerufen am 15. März 2024 (amerikanisches Englisch).
  2. a b c Douglas Martin: Phil Chess, Whose Record Label Elevated Unknown Blues Musicians, Dies at 95. In: The New York Times. 20. Oktober 2016, ISSN 0362-4331 (nytimes.com [abgerufen am 15. März 2024]).
  3. a b Elijah Wald: How the blues brothers behind Chess Records made all the right moves. In: The Guardian. 6. November 2010, ISSN 0261-3077 (theguardian.com [abgerufen am 15. März 2024]).
  4. Isabella Venutti: The five best Muddy Waters songs. In: Mix Down Mag. 2. Februar 2024, abgerufen am 15. März 2024 (australisches Englisch).
  5. Martin Chilton: Best Chess Blues Records: An Essential Top 10. In: uDiscover Music. 17. August 2023, abgerufen am 15. März 2024 (amerikanisches Englisch).
  6. Richard Havers: Remembering Chess Records First Hit: Gene Ammons’ ‘My Foolish Heart’. In: uDiscover Music. 29. Juli 2023, abgerufen am 15. März 2024 (amerikanisches Englisch).
  7. Chess Records and the ten 7"s that helped shape modern music. In: The Vinyl Factory. 4. August 2015, abgerufen am 15. März 2024 (amerikanisches Englisch).
  8. David Hershkovits: Record Master Marshall Chess. In: Tablet Magazine. 31. Juli 2023, abgerufen am 15. März 2024 (amerikanisches Englisch).
  9. a b Marcelo Sonaglioni: Chess studio sessions with The Rolling Stones, Chicago 1964. In: Rollin Stones Data. 27. Dezember 2023, abgerufen am 15. März 2024 (amerikanisches Englisch).
  10. Gary Graff: “He Said, ‘I Just Canceled a Gig, ’Cause I Wanted to See You’”: Buddy Guy Talks Befriending Jimi Hendrix. In: Guitar Player. 7. Juni 2023, abgerufen am 15. März 2024 (englisch).
  11. Chess. Abgerufen am 15. März 2024 (englisch).
  12. Lucy Lovell: Inside Chicago's Chess Studios, where The Rolling Stones recorded. In: The Daily Mail. 29. März 2022, abgerufen am 15. März 2024.
  13. Addison: "Rollin' Stone" - Muddy Waters (Chess, 1950). In: Blues Foundation. Abgerufen am 16. März 2024 (amerikanisches Englisch).
  14. Sam Kemp: The strange way Muddy Waters and Keith Richards first met. In: Far Out Magazine. 1. April 2022, abgerufen am 15. März 2024 (amerikanisches Englisch).
  15. Dan Reifsnyder: That Time Keith Richards Found Muddy Waters Painting the Ceiling at Chess Studios. In: Flypaper. 14. August 2019, abgerufen am 15. März 2024 (amerikanisches Englisch).
  16. Martin Chilton: ‘The Rolling Stones No.2’: Mick And Keith’s Love Letter To Chess Records. In: uDiscover Music. 15. Januar 2024, abgerufen am 15. März 2024 (amerikanisches Englisch).
  17. Marc Spitz: Jagger. Rebel, Rock Star, Ramble, Rogue. 2011 (Gewidmet Brendan Mullen); deutsch: Mick Jagger. Rebell und Rockstar. Aus dem Amerikanischen von Sonja Kerkhoffs. Edel Germany, Hamburg 2012, ISBN 978-3-8419-0122-4, S. 34–35.
  18. Alex Greene: The Chess Project. In: Memphis Flyer. Abgerufen am 15. März 2024 (amerikanisches Englisch).
  19. Harvey Kubernik: Marshall Chess on the Legacy of Chess Records. In: Music Connection. 5. Mai 2023, abgerufen am 15. März 2024 (amerikanisches Englisch).
  20. Rock and Roll Hall of Fame
  21. Richard G. Carter: The Great ‘Record Row’ Disclosed what ‘Cadillac Records’ Omitted. In: Shepherd Express. 5. Oktober 2023, abgerufen am 15. März 2024 (amerikanisches Englisch).
Commons: Leonard Chess – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien